Preisträger-Projekte "Eine Klasse für sich und andere" 2024

Wenn sich bestens gelaunte Schulklassen mit ihren Lehrkräften auf den Weg nach München machen, wenn die Staatsministerin für Unterricht und Kultus, Anna Stolz, eine fröhliche Videobotschaft voll des größten Lobes schickt, wenn die Ehrenamtsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Gabi Schmidt andere Termine liegen lässt, um mitzufeiern… dann ist der Internationale Tag des Ehrenamts angebrochen, an dem in diesem Jahr für herausragendes Schülerengagement wieder unser Schulpreis „Eine Klasse für sich und andere“ festlich verliehen wurde.

Die Bayerische Kultusministerin Anna Stolz schickt eine Videogrußbotschaft an die Preistäger.
Preisträger werden auf der Bühne zu ihrem Projekt interviewt.
Von jedem Projekt kommt eine Delegation auf die Bühne und nimmt die Urkunden entgegen.

 

Finanziert durch die Castringius Kinder- und Jugendstiftung, organisiert durch die Stiftung Gute Tat München & Region und das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern und in enger Kooperation mit dem Kultusministerium erfährt der Preis mittlerweile große Resonanz in ganz Bayern. Aus 50 Einsendungen aus dem ganzen Land wählte eine Fachjury die besten Engagement-Projekte aus, die nach den Qualitätskriterien von Lernen durch Engagement bewertet wurden.

Die feierliche Veranstaltung im Festsaal des Ausbildungshotels St. Theresia wurde von der Giesecke & Devrient Stiftung, dem Gewinnsparverein der Sparda Bank München, der Stiftung Gute Tat und dem Kolping Bildungswerk unterstützt. Zahlreiche Gäste feierten die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte, die ihren Unterricht durch zivilgesellschaftliches Engagement mit wichtigen Fragen der Zeit verbanden und auf diese Weise nicht nur ein besonders vertieftes Lernerlebnis garantierten. Durch ihren Einsatz lenken sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die wichtigen Themen, die sie kreativ und kraftvoll bearbeitet haben.

Wir stellen hier die Preisträgerschulen vor und freuen uns, dass Lernen durch Engagement in Bayern so lebendig und hochwertig umgesetzt wird!

Das sind die Preisträger-Projekte:

Erster Preis | Wir wollen unsere Blühwiese zurück! | Grundschule Hofkirchen

Manchmal kommt es vor, dass die eingereichten Projekte in Qualität und Ausstrahlung so gleichwertig sind, dass man einfach in einer Kategorie zwei Preisträger küren muss. So erging es der Jury mit dem beeindruckenden Engagement einer kleinen Grundschule in der Nähe von Passau. Sie trägt bereits den Titel Umweltschule in Europa und versteht dies als ihren dauerhaften Auftrag. Die Kinder haben im HSU- Unterricht vor der Turnhalle eine Blühwiese angelegt, - dort können alle täglich beobachten, wie sich ein wichtiger Lebensraum für Insekten und Wildblumen entwickelt.

Eines Tages jedoch der Schock: die Wiese wurde einfach durch die Gemeinde abgemäht, obwohl sie als Projektfläche ausgewiesen und genehmigt war! Ihre Erschütterung teilen die Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften und schnell ist klar: das können und wollen wir nicht hinnehmen. Gemeinsam mit ihren Lehrkräften überlegen sie, welche demokratischen Rechte sie jetzt anwenden können und wie sie ihre Anliegen genau formulieren. Sie schreiben einen Brief, in dem sie um die Wiederherstellung der Blühwiese bitten und übermitteln ihn dem ersten Bürgermeister des Ortes. Dazu nutzen sie aber nicht die Post, sondern gehen einfach selbst zum Rathaus, schließlich sollen alle Menschen in Hofkirchen mitbekommen, was hier passiert ist und warum es wichtig ist, sich für Artenvielfalt und Naturschutz einzusetzen. Die Schule hat schon einen Umweltpreis bekommen und einige Aktionen gestaltet, diese Aktivitäten sind der Schulfamilie besonders wichtig. Mit wohlformulierten Argumenten auf Transparenten und mit Fotos von den abgemähten Blumen zeigt sie nun ihr Engagement für ihren besonderen Lernort und macht auf die Bedeutung von Pflanzen und Insekten für unsere Umwelt aufmerksam.

Das gefällt nicht jedem, - die kleine Demonstration verärgert einen Bürger derart, dass er der Lokalzeitung einen aggressiven Leserbrief schreibt.  Er findet, dass die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte kein Recht haben, Gemeindeflächen zu gestalten und behauptet, die Kinder seien manipuliert worden. Doch das lassen die Beteiligten nicht auf sich sitzen. In einer freundlichen Antwort positioniert sich Schulleiterin Ingrid Weinzierl mit ihrem Kollegium und macht klar: Hier hat auf vorbildliche Weise Umwelt- und Demokratiebildung stattgefunden, die natürlich auch im Lehrplan steht. Der Bürgermeister hat sich übrigens entschuldigt, das Abmähen der Wiese sei ein Versehen gewesen. Jetzt bekommen die Kinder alle Unterstützung, um die Wiese wieder anzusäen und weiterzupflegen.

Unsere Jury war begeistert von diesem vorbildlichen demokratischen Engagement. Wir gratulieren zum wohlverdienten Ersten Preis!

Erster Preis | Stimme erheben, Demokratie erleben – Eine Demo für Demokratie | Gymnasium Neuendettelsau

Wenn Politikunterricht so gestaltet wird wie Lehrerin Lena Langenbach das getan hat, setzen sich nicht nur die Gedanken in Bewegung, sondern unter Umständen sogar die ganze Schule. Mit 25 Elftklässlerinnen und -Klässlern hat sie thematisiert, wie Extremismus, Fundamentalismus und Populismus die freiheitliche Grundordnung gefährden. Die Jugendlichen konstatieren, dass viel zu wenige Menschen aktiv für eine streitbare gelebte Demokratie eintreten. Und sie finden, dass sich zu viele nicht um Minderheitenschutz und Gleichberechtigung kümmern, dass viel zu viele einfach schweigen.

Das wollen sie anders machen. Sie wollen sich positionieren und überlegen, wie man die Kompetenz stärken kann, seine Rechte zu kennen und für die Werte der Demokratie einzustehen. Sie reflektieren Möglichkeiten persönlichen Engagements und entscheiden, mit einer großen Schuldemo durch ihren Heimatort Neuendettelsau ein deutliches Signal zu setzen. Sie wollen nicht nur Aufmerksamkeit erreichen, sondern neben anderen demokratischen Einflussmöglichkeiten aktiv ihr Versammlungs- und Demonstrationsrecht anwenden, das sonst wie viele andere Inhalte in der Schule nur theoretisch erläutert wird. Die umfassenden Vorbereitungen organisieren sie selbstständig und arbeiten dazu mit allen entsprechenden Institutionen zusammen, aber sie wollen noch mehr: alle Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums sollen die Gelegenheit haben, sich auf möglichst kreative und lebendige Weise mit demokratischen Werten auseinanderzusetzen.

Gemeinsam mit ihren Lehrkräften gestalten sie einen Projekttag mit Workshops für alle Altersstufen, der am selben Tag wie die Demo vorbereitend stattfinden soll. Sie denken sogar daran, für diejenigen ein Alternativprogramm in der Schule zu entwerfen, die nicht mitlaufen wollen. Am großen Tag setzen sie ihre Demonstration durch ihren Ort in Gang. Die Schule zeigt Neuendettelsau, dass es wichtig ist, für demokratische Werte die Stimme zu erheben. Eine Kundgebung mit Musik und Reden auf dem zentralen Sternplatz krönt die Versammlung, bevor der Zug wieder zurück zur Schule zieht.

Dieses herausragende, hochkomplexe Engagement für die Demokratie hat die Jury mehr als überzeugt und das Motto unseres Schulpreises groß und weithin sichtbar gemacht: Eine Klasse für sich und andere!

Zweiter Preis | The Future is Female | Lothar-von-Faber-Schule Staatliche Fachoberschule Nürnberg

Kein Tag vergeht, an dem in den Nachrichten nicht von Gewalt gegen Frauen, Bedrohung, mangelnder Gleichberechtigung und schwindender Frauenrechte die Rede ist. Ein weltweites Problem, das aber auch hierzulande durchaus mehr öffentliche Wahrnehmung und Aufklärung verdient. 21 Schülerinnen und Schüler der zwölften Klasse der Fachrichtung Gestaltung haben mit ihrem Lehrer Michael Bayer den Internationalen Frauentag am 8. März zum Anlass genommen, ihren Unterricht in Politik und Geschichte mit dem Fach Medien zu verbinden und sich mit sozialer Ungleichheit und Sexismus zu befassen.

Ausgehend von ihrer eigenen Lebensrealität, richten sie zunächst in ihrer Klasse einen Safe Space ein, um persönliche Erfahrungen teilen zu können, die vielleicht nicht ganz einfach zu schildern sind. So wird ein sicherer, geschützter Erzählraum geschaffen, in dem sich alle Beteiligten zu Benachteiligung und Sexismus im Alltag und zu ihren Erlebnissen äußern und Fragen diskutieren können. Sie wollen Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit für ihr Thema erzeugen, haben aber wenig Zeit und geringe Mittel.

Sie beschließen, Postkarten zu entwerfen und diese zu verkaufen, um mehr Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Ihre Aktion wird ein Riesenerfolg und in kürzester Zeit sind die Karten ausverkauft. Bestätigt von der großen Zustimmung beschließen sie, den Erlös dem Frauenhaus Nürnberg zu spenden, das dadurch zum außerschulischen Partner wird: Vertreterinnen des Frauenhauses kommen an die Schule und berichten von ihrer Arbeit. Gemeinsam haben sie viel Aufmerksamkeit für die Rechte von Frauen und deren Beschränkung erzeugt.

Die Klasse ist überrascht und stolz, dass sie als Gruppe mit wenigen Mitteln so viel erreichen konnte. Die Jury würdigt ausdrücklich, dass die Beteiligten in den zeitlich besonders engen Bedingungen an einer Fachoberschule ein kleines, aber sehr strahlkräftiges Projekt auf die Beine gestellt haben. In dieser Schulform wechseln sich Unterrichts- und ausgedehnte Praktikumsphasen regelmäßig ab, sodass für die Bewältigung des eigentlichen Schulstoffs weniger Zeit bleibt. Umso beeindruckender ist es, wenn Lernen durch Engagement als Lehr- und Lernform trotzdem gewählt wird. Wir gratulieren!

Dritter Preis | Seniorenprojekt „Green City“ | Mittelschule Puchheim

Mobilität neu denken…das ist für viele eine vielfältige Herausforderung. Ein Aspekt: vor allem im Alter kommen manche Menschen mit der digitalen Fahrplanrecherche oder mit dem Kauf eines Tickets nicht mehr gut zurecht. Wer kann hier am besten unterstützen? Na klar – Jugendliche, die sozusagen mit Smartphone und anderen Endgeräten aufgewachsen sind!

Das denkt sich auch Martin Wagner mit seinen Schülerinnen und Schülern der 8. Klasse von an der Mittelschule Puchheim. Im Ethikunterricht thematisieren sie Themen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Perspektivübernahme. Mit ihrem außerschulischen Partner green city e.V., der sich in München für zukunftsfähige Mobilität, Urbanes Grün und Klimaschutz einsetzt, befassen sich die Jugendlichen mit digitaler Barrierefreiheit für Seniorinnen und Senioren bei Ticketbuchung und Routenfindung bei S- Bahn und Zügen. Sie bereiten sich auf die zielgruppengerechte Kommunikation für ihr Projekt vor, geben ihr Wissen an eine Gruppe von älteren Menschen weiter und coachen sie im Umgang mit dem Smartphone. Gemeinsam mit den Seniorinnen und Senioren nutzen sie die Bahn und kommen so intensiv in Kontakt. Ein gemeinsamer Ausflug zum Stellwerk Steinhausen mit Besuch der Werkstätten wird zum krönenden Abschluss. Begeisterte Reaktionen der Älteren betonen, wie empathisch die Jugendlichen sich zeigen, wie schnell es ihnen gelingt, Berührungsängste abzubauen und wie viel Spaß die gemeinsame Aktion allen gemacht hat. Manche Schüler bleiben in persönlichem Kontakt mit den Seniorinnen und Senioren und bieten auch nach der Aktion weiterhin ihre Unterstützung an.

Ein Seniorenbund aus dem Nachbarort meldet sich und möchte ebenfalls vom Wissen der Jugendlichen profitieren. Damit wird die einprägsame Erfahrung noch tiefer: wir können gemeinsam etwas bewegen und gesellschaftliche Brücken bauen. Herzliche Gratulation zu diesem beeindruckenden Projekt!

 

Die Verleihung wird umrahmt von 3 Musikerinnen mit Klarinette.
Gruppenbild der Organisatorinnen, Förderer und Jurymitglieder
Über 100 Menschen im Großen Saal des Ausbildungshotels St. Theresia

 

Bilder: Andreas Schebesta, der-eventfotograf.de

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